Die EU-Kommission will ihren Zugriff auf die Steuer ihrer Bundesländer ausbauen und das Einstimmigkeitsprinzip im EU-Steuerrecht abschaffen. Der Vorschlag der Kommission sorgt allerdings nicht nur für Ärger, sondern auch für Hohn. Denn um das Einstimmigkeitsprinzip abzuschaffen, müssen, die einzelnen EU-Staaten der entsprechende Beschluss zunächst einstimmig gefasst werden.
EU-Staaten blockieren EU-Entscheidungen im Steuerrecht
In der EU-Steuerpolitik hat jedes Mitgliedsland ein Vetorecht, das von den Ländern genutzt wird und somit die Steuerpolitik der EU häufig blockiert. Vor allem Länder mit niedrigen Steuern nutzen diese Möglichkeit gern. Da die Steuerpolitik der EU allerdings vom EU-Rat einstimmig beschlossen werden muss, gehen den EU-Staaten jedes Jahr viele Milliarden Euro an Steuern verloren. Der Grund ist, dass international agierende Konzerne die Uneinigkeit der EU-Staaten genau kennen und nach Möglichkeit ausnutzen, um die Länder gegeneinander auszuspielen und Steuern zu sparen.
Qualifizierte Mehrheit soll ausreichen
Dieser Missstand soll nun geändert werden, ein diesbezüglicher Vorschlag liegt seit Dienstag vor. Dieser schlägt vor, dass die Steuerfragen künftig nicht mehr mit einer einstimmigen Entscheidung aller EU-Staaten entschieden werden sollen. Eine qualifizierte Mehrheit soll dafür ausreichen. Das bedeutet, dass ein Beschluss bereits gegriffen werden kann, wenn 55 Prozent der EU-Staaten mit 65 Prozent der Bevölkerung der EU für den Beschluss stimmen. Greifen soll der Vorschlag ab dem Jahr 2025.
Klausel für EU-Mehrheitsentscheidungen
Allerdings glauben viele Kritiker, dass es sich bei dem Vorschlag um eine reine symbolische Politik handelt, da er kaum mit den EU-Verträgen vereinbar ist. Denn dem Vorschlag, der von der Kommission eingebracht wurde, liegt eine sogenannte Brückenklausel zugrunde. Diese Klausel erlaubt es, in bestimmten Bereichen der EU-Politik Mehrheitsentscheidungen einzuführen. Dem gegenüber steht der Artikel 48 des Lissabonner Vertrags, nach welchem Entscheidungen solcherart einstimmig von den Mitgliedsstaaten beschlossen werden müssen.
Nationalen Parlamenten haben Mitsprache- und Vetorecht
Hinzu kommt, dass die nationalen Parlamente ein Mitspracherecht haben. Ihnen muss jede auf diese Art gefällte Entscheidung vorgelegt werden, woraufhin auch sie ein Recht haben, ihr Veto dagegen einzulegen. Damit sinken die Chancen, dass jemals ein Beschluss gefasst werden würde. Eine weitere Möglichkeit, die von der Kommission genutzt werden kann, ist im Vertrag über die Arbeitsweise der EU zu finden. Darin sind Möglichkeiten festgeschrieben, die es den Mitgliedsländern der EU erlauben, ebenfalls über Fragen der Steuerpolitik mithilfe einer Mehrheitsentscheidung zu bestimmen.
Spezielle Bedingungen müssten gegeben sein
Allerdings scheint es nicht sehr wahrscheinlich, dass diese Option genutzt werden kann, wie Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen. Denn diese Option hatte in der Kommission keine Mehrheit. Hinzu kämen rechtliche Probleme. Um den betreffenden Artikel im Vertrag über die Arbeitsweise der EU in Anspruch zu nehmen, müssten spezielle Bedingungen gegeben sein. Doch damit sei das gesamte Problem nicht zu lösen, lediglich kleinere Fälle könnten mit dieser Option bearbeitet werden. Es gelte, die Staaten der EU davon zu überzeugen, dass sie ihr Recht auf ein Veto freiwillig abgeben. Doch nicht nur dies. Es gehe auch darum, dass die Bürger der einzelnen Staaten nicht das Vertrauen in die EU verlören und darum, ihnen zu zeigen, dass die EU die Lösung ist, nicht das Problem.