Steuern auf Arbeitszimmer bei Hausverkauf? Bundesfinanzhof entscheidet zugunsten der Steuerzahler

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Beim Gewinn aus dem Verkauf einer privat genutzten Immobilie bleibt das Finanzamt normalerweise außen vor. Doch was passiert, wenn sich in der Immobilie ein häusliches Arbeitszimmer befindet, das steuerlich abgesetzt wurde? Der Bundesfinanzhof hat 2021 eine wegweisende Entscheidung getroffen, die Millionen von Homeoffice-Nutzern betrifft. Die gute Nachricht: Auch Arbeitszimmer sind beim Hausverkauf steuerfrei – mit wichtigen Ausnahmen für Selbstständige.

Grundlagen des häuslichen Arbeitszimmers und neue Regelungen 2025

Das häusliche Arbeitszimmer ist seit Jahren ein steuerlicher Dauerbrenner, der durch die Corona-Pandemie und den Trend zum Homeoffice noch mehr an Bedeutung gewonnen hat. Für Berufstätige, Selbstständige und Freiberufler kann das heimische Büro erhebliche steuerliche Vorteile bringen – vorausgesetzt, die strengen Voraussetzungen werden erfüllt. Der Gesetzgeber hat die Regelungen zum häuslichen Arbeitszimmer zuletzt zum 1. Januar 2023 grundlegend überarbeitet und dabei sowohl Erleichterungen als auch neue Beschränkungen eingeführt.

Seit 2023 können Steuerpflichtige, deren Arbeitszimmer den Mittelpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit bildet, wahlweise die tatsächlichen Kosten oder eine neue Jahrespauschale von 1.260 Euro geltend machen. Für alle anderen Arbeitnehmer, denen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, entfällt der bisherige begrenzte Abzug von 1.250 Euro. Stattdessen können sie die neue Homeoffice-Pauschale von 6 Euro pro Arbeitstag (maximal 1.260 Euro jährlich) nutzen. Diese Neuregelung trägt der veränderten Arbeitswelt Rechnung und berücksichtigt flexiblere Arbeitsformen.

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Die wegweisende BFH-Entscheidung: Arbeitszimmer beim Hausverkauf steuerfrei

Eine der wichtigsten Entscheidungen der letzten Jahre zum häuslichen Arbeitszimmer stammt vom Bundesfinanzhof und betrifft die Besteuerung beim Hausverkauf. Bis zu diesem Urteil war umstritten, ob der auf ein Arbeitszimmer entfallende Anteil des Veräußerungsgewinns steuerpflichtig ist, wenn die Immobilie innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist verkauft wird. Die Finanzverwaltung vertrat lange die Auffassung, dass beruflich genutzte Räume nicht unter die Steuerbefreiung für selbstgenutzte Immobilien fallen.

Der Fall einer Lehrerin brachte die Wende: Sie hatte einen Raum ihrer Eigentumswohnung als häusliches Arbeitszimmer genutzt und dies in ihren Steuererklärungen geltend gemacht. Nach etwa fünf Jahren verkaufte sie die Wohnung mit Gewinn. Das Finanzamt wollte den anteiligen Gewinn für das Arbeitszimmer besteuern, da die zehnjährige Spekulationsfrist noch nicht abgelaufen war. Der Bundesfinanzhof entschied jedoch zugunsten der Steuerpflichitigen (Urteil vom 1. März 2021, Az. IX R 27/19): Das häusliche Arbeitszimmer ist Teil der Privatwohnung und kann nicht unabhängig vom Rest der Immobilie verkauft werden.

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Rechtliche Begründung des Bundesfinanzhofs

Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass das Tatbestandsmerkmal „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ aus § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG auch für häusliche Arbeitszimmer erfüllt ist. Ein häusliches Arbeitszimmer wird nach der Rechtsprechung bereits dann anerkannt, wenn der Raum „nahezu ausschließlich“ für berufliche Zwecke genutzt wird – eine geringe private Mitnutzung von bis zu 10 Prozent ist erlaubt. Diese geringfügige Wohnnutzung reicht nach Auffassung des BFH aus, um das gesamte Arbeitszimmer unter die Steuerbefreiung fallen zu lassen.

Das Urteil bringt erhebliche Rechtssicherheit für Millionen von Arbeitnehmern und Selbstständigen, die ein häusliches Arbeitszimmer nutzen. Wie der Bund der Steuerzahler betont, können sich Betroffene bei einer entsprechenden Forderung des Finanzamts auf dieses Urteil berufen und Einspruch gegen den Steuerbescheid einlegen. Dabei sollte das Aktenzeichen des Verfahrens (IX R 27/19) genannt werden.

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Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung des Arbeitszimmers

Die steuerliche Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers setzt voraus, dass strenge Kriterien erfüllt werden. Der Raum muss nach Funktion und Ausstattung als Büro eingerichtet sein und in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden sein. Entscheidend ist die nahezu ausschließliche berufliche Nutzung – eine private Mitbenutzung von mehr als 10 Prozent führt zum kompletten Verlust des Abzugs. Das Prinzip „ganz oder gar nicht“ gilt hier uneingeschränkt, eine anteilige Kostenaufteilung ist nicht möglich.

Das Arbeitszimmer muss räumlich klar abgegrenzt sein, beispielsweise durch eine Tür zu den privaten Wohnräumen. Eine durch Vorhang abgetrennte Arbeitsecke im Wohnzimmer oder Flur reicht nicht aus. Der Raum darf nicht als Durchgangszimmer zu anderen Räumen dienen und sollte über eine büromäßige Ausstattung verfügen. Private Gegenstände wie Gästebetten, Fernseher oder Sportgeräte haben im Arbeitszimmer nichts zu suchen. Je Bewohner muss neben dem Arbeitszimmer mindestens ein privat genutztes Zimmer zur Verfügung stehen.

Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit vs. kein anderer Arbeitsplatz

Für den unbegrenzten Abzug der Arbeitszimmerkosten muss das heimische Büro den „Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit“ bilden. Dies ist der Fall, wenn qualitativ gleichwertige Tätigkeiten sowohl im häuslichen Arbeitszimmer als auch am außerhäuslichen Arbeitsort verrichtet werden und mehr als die Hälfte der Arbeitszeit zu Hause verbracht wird. Typische Beispiele sind selbstständige Berater, Freiberufler oder Außendienstmitarbeiter ohne festen Arbeitsplatz im Betrieb.

Seit 2023 können Arbeitnehmer, denen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, nicht mehr die begrenzten Kosten von 1.250 Euro absetzen. Stattdessen greift die Homeoffice-Pauschale von 6 Euro pro Arbeitstag (maximal 1.260 Euro jährlich). Diese Regelung betrifft insbesondere Lehrer, die ihre Vor- und Nachbereitung zu Hause erledigen müssen, aber über einen Arbeitsplatz in der Schule verfügen. Die neue Pauschale ist oft vorteilhafter, da sie auch bei nicht idealen räumlichen Verhältnissen gewährt wird.

Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern und Selbstständigen

Während die BFH-Entscheidung für Arbeitnehmer eindeutig positiv ist, müssen Selbstständige und Freiberufler differenzierter betrachtet werden. Das Urteil ist nur dann anwendbar, wenn das Arbeitszimmer nicht zum steuerlichen Betriebsvermögen gehört. Gehört es hingegen zum Betriebsvermögen – was automatisch der Fall ist, wenn Abschreibungen für das Arbeitszimmer vorgenommen wurden –, muss bei Verkauf oder Geschäftsaufgabe ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn versteuert werden.

Die Zuordnung zum Betriebsvermögen erfolgt automatisch, sobald ein Selbstständiger in seiner Gewinnermittlung Abschreibungen für betriebliche Räume im Eigenheim als Betriebsausgaben ansetzt. Dies gilt auch dann, wenn der Abzug der Arbeitszimmerkosten auf den Höchstbetrag beschränkt war. Was zunächst Steuern spart, kann später bei der Geschäftsaufgabe oder beim Verkauf der Immobilie zu einer erheblichen Steuernachzahlung führen, da der erzielte Wertzuwachs der Betriebsräume versteuert werden muss.

Betriebsvermögen und die 20.500-Euro-Grenze

Besonders aufmerksam sollten Selbstständige sein, wenn ihr Arbeitszimmer mehr als 20.500 Euro wert ist oder mehr als 20 Prozent des gesamten Gebäudes ausmacht. In diesen Fällen muss das Arbeitszimmer zwingend in das Betriebsvermögen eingelegt werden und ist damit „steuerverhaftet“. Bei einem späteren Verkauf oder einer Geschäftsaufgabe müssen die stillen Reserven aufgedeckt und versteuert werden. Die Berechnung erfolgt auf Basis des anteiligen Werts des Arbeitszimmers im Verhältnis zur Gesamtimmobilie, abzüglich der jährlichen Abschreibungen.

Gerade nach langer Geschäftstätigkeit in den eigenen vier Wänden kann sich ein erheblicher Wertzuwachs ergeben, der die Steuerlast unerwartet nach oben treibt. Selbstständige sollten daher bereits bei der Einrichtung eines Arbeitszimmers die langfristigen steuerlichen Konsequenzen bedenken und gegebenenfalls alternative Lösungen wie die Anmietung externer Büroräume prüfen.

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Praktische Tipps zur Kostenermittlung und Dokumentation

Für die steuerliche Geltendmachung eines häuslichen Arbeitszimmers müssen die Kosten anteilig ermittelt werden. Grundlage ist der Flächenanteil des Arbeitszimmers im Verhältnis zur gesamten Wohnfläche. Dieser Prozentsatz wird auf alle laufenden Kosten angewendet: Miete oder Gebäudeabschreibung, Nebenkosten wie Strom und Heizung, Gebäude- und Hausratversicherung, Grundsteuer sowie Kosten für Schornsteinfeger und Müllabfuhr. Bei Eigentümern können auch Kreditzinsen für den Immobilienerwerb anteilig berücksichtigt werden.

Eine sorgfältige Dokumentation ist essentiell, da das Finanzamt bei der erstmaligen Geltendmachung eines Arbeitszimmers oft einen Fragebogen versendet oder sogar Fotos und Grundrisse anfordert. In manchen Fällen führt die Finanzverwaltung auch Betriebsprüfungen durch, um die ordnungsgemäße Nutzung zu überprüfen. Steuerpflichtige sollten daher ein Nutzungsprotokoll führen und alle relevanten Belege aufbewahren. Besonders wichtig ist der Nachweis, dass der Raum tatsächlich nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird.

Arbeitsmittel und geringwertige Wirtschaftsgüter

Unabhängig von der Anerkennung des Arbeitszimmers können Arbeitsmittel steuerlich geltend gemacht werden. Dazu gehören Büromöbel, Computer, Telefon, Fachliteratur und sonstige beruflich genutzte Gegenstände. Geringwertige Wirtschaftsgüter mit einem Nettowert bis 410 Euro können sofort vollständig abgeschrieben werden, teurere Anschaffungen sind über die Nutzungsdauer zu verteilen. Diese Möglichkeit besteht auch dann, wenn das Arbeitszimmer selbst nicht steuerlich anerkannt wird.

Seit 2023 können Steuerpflichtige, deren Arbeitszimmer den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit bildet, alternativ zur Einzelkostenerfassung die neue Jahrespauschale von 1.260 Euro wählen. Diese Option kann insbesondere bei niedrigen tatsächlichen Kosten oder schwieriger Kostenermittlung vorteilhaft sein. Aufwendungen für Arbeitsmittel können zusätzlich zur Pauschale geltend gemacht werden, ebenso wie beruflich veranlasste Telefon- und Internetkosten.

Aktuelle Entwicklungen und Ausblick

Die Corona-Pandemie und der anhaltende Trend zum Homeoffice haben die Bedeutung des häuslichen Arbeitszimmers erheblich verstärkt. Der Gesetzgeber hat mit den Neuregelungen von 2023 auf diese Entwicklung reagiert und sowohl die Homeoffice-Pauschale ausgeweitet als auch neue Wahlmöglichkeiten geschaffen. Gleichzeitig sorgt die positive BFH-Rechtsprechung zum Hausverkauf für mehr Rechtssicherheit bei einer der wichtigsten finanziellen Entscheidungen im Leben vieler Menschen.

Für die Zukunft ist zu erwarten, dass die steuerliche Behandlung des Homeoffice weiter liberalisiert wird. Die aktuellen Regelungen sind jedoch komplex und erfordern eine sorgfältige Prüfung der individuellen Situation. Insbesondere Selbstständige sollten die langfristigen steuerlichen Konsequenzen ihrer Entscheidungen bedenken und sich professionell beraten lassen.

Zusammenfassung der wichtigsten Punkte

  • Steuerfreiheit beim Hausverkauf: Der BFH hat entschieden, dass häusliche Arbeitszimmer von Arbeitnehmern beim Verkauf selbstgenutzter Immobilien steuerfrei sind
  • Neue Regelungen ab 2023: Jahrespauschale von 1.260 Euro für Arbeitszimmer im Mittelpunkt der Tätigkeit, erweiterte Homeoffice-Pauschale für andere Fälle
  • Strenge Voraussetzungen: Nahezu ausschließliche berufliche Nutzung, räumliche Abgrenzung, büromäßige Ausstattung
  • Unterschied Arbeitnehmer/Selbstständige: Selbstständige müssen Betriebsvermögensregelungen beachten
  • Dokumentationspflicht: Sorgfältige Aufzeichnungen und Belegsammlung sind essentiell
  • Arbeitsmittel: Können unabhängig vom Arbeitszimmer abgesetzt werden

Die Entwicklung zeigt, dass der Gesetzgeber die veränderte Arbeitswelt anerkennt und steuerlich unterstützt. Gleichzeitig mahnt die Komplexität der Regelungen zur Vorsicht und professionellen Beratung, insbesondere bei langfristigen Entscheidungen wie dem Kauf oder Verkauf von Immobilien.

 

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